Die unerwartet hohe Inflation ließ die Anleihenrenditen im zweiten Quartal zunächst ansteigen, sinkende Inflations- und Wachstumsraten leiteten jedoch eine Trendwende ein. Trotz moderat steigender Risikoaufschläge in den Industrieländern führten riskantere Unternehmensanleihen das Feld an.
In den USA hat die Inflation so weit nachgelassen, dass die US-Notenbank (Fed) im Falle eines unerwartet deutlichen Konjunkturrückgangs Spielraum für Zinssenkungen hätte. Die Renditeprognosen für Anleihen sind gestiegen. In den USA rechnen wir nicht mit signifikanten Zinssenkungen noch in diesem Jahr; Anlegerinnen und Anleger sollten sich jedoch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, attraktive Renditen und mögliche Diversifizierungsvorteile aus den Kursgewinnen infolge überraschender Zinssenkungen abzuschöpfen.
Die Gesamtrenditen sind in allen Anleihemarktsegmenten weiterhin attraktiv, knappe Spreads im High-Yield-Segment veranlassen uns jedoch zur Vorsicht.
Wenn wir eine Anleihe analysieren, stellen wir uns laufend die Frage, ob das Kurspotenzial in Anbetracht der Risiken angemessen ist. Um diese Frage zu beantworten, muss man jedoch mögliche Entwicklungen in Betracht ziehen, die weit über ein Basisszenario hinausgehen. Der Aufbau optimaler Portfolios beginnt für uns mit einer detaillierten Analyse verschiedener Konjunkturszenarien. Ein wahrscheinlichkeitsgewichteter Portfolioaufbau bildet eine bessere Grundlage für die Bewertung von Chancen und die Steuerung von Risiken.
In den letzten Monaten ist das Worst-Case-Szenario für Anleihen – ein erneutes Aufflammen der Inflation und noch höhere Zinsen – in den Hintergrund getreten. Die Wachstumssignale waren nicht ganz einheitlich, allerdings zeichnet sich immer mehr eine Abkühlung ab und auch die Inflation ist unerwartet deutlich gesunken.
Wir glauben, dass wir uns im aktuellen Wirtschaftszyklus einem Wendepunkt nähern, und in der Vergangenheit war ein solches Umfeld für risikoarme Anleihen positiv. Wir halten das Risiko eines kurzfristigen Abschwungs nach wie vor für gering, sind uns jedoch der Tatsache bewusst, dass eine längere Phase hoher Leitzinsen ein Risiko für die schwächeren Marktsegmente darstellt, in deren Kursen die meisten guten Nachrichten bereits eingepreist sind.
Die Realzinsen, also die erwarteten Renditen nach Abzug der erwarteten Inflation, liegen aktuell nur knapp unter ihren Höchstständen der vergangenen Jahre. Die Realrenditekurve liegt heute entlang des gesamten Laufzeitenspektrums höher als noch vor einem Jahr und zwei bis drei Prozentpunkte höher als am Tag vor der ersten Zinserhöhung durch die Fed.
Eine höhere Anfangsverzinsung bedeutet höhere Renditen und einen besseren Schutz vor Kursverlusten, und selbst wenn die Zinsen weiter steigen sollten, können die heutigen höheren Renditen etwaige Verluste durch sinkende Kurse besser ausgleichen als die Renditen, die Anleihen Anfang 2022 abwarfen.
Par-Realzinskurve von US-Treasuries
Hinweise: Die Grafik zeigt die Par-Realzinskurve (auch Renditekurve der Realrenditen zum Nennwert) von US-Staatsanleihen am 16. März 2022, 30. Juni 2023 und 30. Juni 2024. Der 16. März 2022 ist der Tag vor der ersten Zinserhöhung im Zinserhöhungszyklus. Der Nennwert ist der Nominalwert einer Anleihe und beträgt in der Regel 100 US-Dollar; eine Nennwertrendite wird daher anhand des Nennwerts berechnet.
Quelle: US Treasury.
Die letzte Zinserhöhung der Fed liegt inzwischen fast ein Jahr zurück, und trotz deutlich höherer Kreditkosten zeigt sich die US-Wirtschaft weiterhin robust. Die Inflation scheint sich – nach einem kurzen Schreckmoment im ersten Quartal – wieder gut zu entwickeln. Doch auch wenn die Inflationsindikatoren zuletzt gesunken sind, lassen unsere Prognosen für die Kerninflation (ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise) bis 2025 eine relativ stabile Entwicklung knapp unter der 3%-Marke erwarten.
Stabiles Wachstum und hartnäckige Inflation bei einem robusten Arbeitsmarkt (der sich gleichwohl langsam normalisiert) stehen im Einklang mit der Konsensprognose, dass höhere Leitzinsen noch eine Weile anhalten dürften. Mit Zinssenkungen in den USA rechnen wir erst später in diesem Jahr – wenn überhaupt. Die Fed verlässt sich in hohem Maße auf Daten, und die Daten zeigen an, dass es für Zinssenkungen noch zu früh ist.
Sollte die Konjunktur schneller als erwartet nachlassen, würde die schwächere Inflation der vergangenen Monate der Fed Zinssenkungen ermöglichen.
Außerhalb der USA steigen die Wachstumsraten, und auch hier haben sinkende Inflationsraten einigen Zentralbanken Spielraum für Zinssenkungen eröffnet. Wann und wo die Zinsen wie stark sinken, wird jedoch – in einigen Fällen mehr und in anderen Fällen weniger – von dem weiteren Kurs der Fed abhängen.
Ein Umfeld anhaltend höherer Zinsen kann unter bestimmten Voraussetzungen günstig für die Märkte sein. Sollte die Inflation weiter nachlassen, lässt sich auch der Kurs der Zentralbanken besser abschätzen, und solange die Wirtschaft schnell genug wächst, sind Risse an den Unternehmensanleihenmärkten weniger wahrscheinlich. In diesem Szenario können sich die Kurse an den Märkten innerhalb fester Bandbreiten bewegen, gleichzeitig gewährleisten höhere Effektivzinsen attraktivere Renditen.
Das größte Risiko besteht aus unserer Sicht in hohen Zinsen, die so lange auf hohem Niveau verharren, bis sie Schaden anrichten. Für unsere Portfoliostrategie sind nach wie vor Bewertungen und Kreditqualität die wichtigsten Einflussfaktoren. An den Staatsanleihenmärkten sind diese Ungewissheiten besser eingepreist, an den Märkten für Unternehmensanleihen mit schwächerem Rating weniger gut.
Zinsen und Renditen verschiedener Anleihenmärkte
Quellen: Bloomberg-Indizes und J.P. Morgan EMBI Global Diversified Index. Daten für das zweite Quartal 2024 vom 31. März 2024 bis zum 30. Juni 2024; Daten für das Jahr 2023 vom 31. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2023.
Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für zukünftige Erträge. Die Wertentwicklung eines Index ist keine exakte Darstellung einer bestimmten Anlage, da Anlegerinnen und Anleger nicht direkt in einen Index investieren können. Total-Return-Renditen in der Basiswährung des Index oder, bei globalen Indizes, in USD (währungsgesichert).
US-Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit wurden in den letzten Monaten mit Renditen zwischen 4,25 und 4,75% gehandelt. Aktuelle Daten dürften die Renditespanne auf kurze Sicht auf 4,00 bis 4,50% gesenkt haben, allerdings sind wir uns der Tatsache bewusst, dass die Sorge um ausufernde Haushaltsdefizite zu steigenden Renditen führen könnte. Aktuell wollen wir unser Duration-Exposure ausbauen und werden zu diesem Zweck nach Anleihen mit attraktivem Risiko/Renditeprofil suchen, sollten die Zinsen das obere Ende unserer Prognosespanne erreichen.
Am 6. Juni hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Zinssatz für ihre Einlagefazilität, der zuvor neun Monate lang auf einem Höchststand von 4% gelegen hatte, auf 3,75% reduziert. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Peripherieländer des Euroraums schneller wachsen werden als Deutschland und die Risikoaufschläge für Staatsanleihen aus Ländern wie Griechenland und Spanien gegenüber deutschen Staatsanleihen sinken werden, wenn sich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten der Peripherie relativ zu Deutschland verbessern. Mit dem Ende der Pandemie haben sich die Konsumausgaben vor allem auf den Dienstleistungssektor verlagert, industrielastigere Volkswirtschaften wie Deutschland haben von dieser Entwicklung weniger profitiert als andere. Außerdem hat die deutsche Haushaltsdisziplin zwar zu tragfähigen Schulden beigetragen, jedoch staatliche Impulse für mehr Wachstum nur begrenzt möglich gemacht.
In Großbritannien und in Frankreich fanden Anfang Juli vorgezogene Parlamentswahlen statt. In Großbritannien errang die Labour-Partei den erwarteten Erdrutschsieg gegen die konservativen Tories und konnte 209 Parlamentssitze hinzugewinnen. Mit jetzt 411 Sitzen hat Labour eine gute Ausgangsbasis zur Umsetzung seiner politischen Agenda in den kommenden Jahren.
In Frankreich überraschte die hohe Zustimmung für die rechtsgerichtete Rassemblement National vor dem ersten Wahldurchgang die Märkte, die Aussicht auf höhere Staatsausgaben führte zu steigenden Risikoaufschlägen gegenüber deutschen Staatsanleihen. Im zweiten Wahlgang zogen sich jedoch zahlreiche linke und zentrumsnahe Kandidaten zurück und verkleinerten so das Feld, weshalb das linke Parteienbündnis Nouveau Front Populaire die meisten Sitze (188 von 577) im Parlament, allerdings keine Mehrheit erringen konnte. Die Renditeaufschläge französischer Anleihen könnten kurzfristig sinken, doch eine Pattsituation im Parlament könnte Probleme mit sich bringen, insbesondere angesichts des Drucks auf die neue Regierung, die schwache französische Wirtschaft durch höhere Ausgaben zu stützen und gleichzeitig das steigende Haushaltsdefizit abzubauen.
In Japan halten wir wegen niedriger Zinsen und steigender Löhne, die die Inflation anheizen könnten, an unserer Untergewichtung fest. Wir gehen davon aus, dass die Bank of Japan (BoJ) ihre Staatsanleihenkäufe reduzieren und die Zinsen in den kommenden Monaten anheben wird.
Wir suchen weiterhin nach Möglichkeiten, um von einem Anstieg der Zinskurve zu profitieren, der sich unserer Meinung nach fortsetzen wird. Das Timing ist schwierig, doch thematisch sollten mehrere Faktoren zu einer typischen, aufwärtsgerichteten Kurvenform beitragen. Kurzfristig investieren wir jedoch eher opportunistisch.
Außerhalb der USA sehen wir Potenzial in Staatsanleihen. So haben wir, zum Beispiel, Griechenland und Spanien gegenüber Deutschland übergewichtet, auch bezüglich Japan halten wir an unserer Untergewichtung fest.
Vierteljährliche Veränderungen der Kreditrisikoaufschläge
Hinweise: Die Grafik zeigt die vierteljährlichen Veränderungen der Risikoaufschläge in verschiedenen Segmenten der Unternehmensanleihenmärkte für den 3-Monats-Zeitraum vom 31. März 2024 bis zum 30. Juni 2024. EM IG und EM HY stehen für Investment-Grade- bzw. High-Yield-Anleihen aus Schwellenländern.
Quelle: Indizes von Bloomberg und J.P. Morgan.
Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für zukünftige Erträge. Die Wertentwicklung eines Index ist keine exakte Darstellung einer bestimmten Anlage, da Anlegerinnen und Anleger nicht direkt in einen Index investieren können.
Unser Ausblick für die Unternehmensanleihenmärkte ist kurzfristig positiv, allerdings steigen die Risiken insbesondere in den Segmenten mit geringerer Kreditqualität, die bisher von dem Szenario einer weichen Landung und den in den vergangenen acht Monaten damit einhergehenden niedrigeren Risikoaufschlägen profitiert haben.
Die Fundamentaldaten sind aus unserer Sicht weiterhin robust und auch das technische Umfeld (Angebot und Nachfrage) ist günstig, zumal der Großteil der Neuemissionen zu Beginn des Jahres auf den Markt kamen und somit hinter uns liegt.
Investment-Grade-Unternehmensanleihen sollten sich in verschiedenen Konjunkturszenarien gut entwickeln, denn Emittenten mit besserem Kreditrating können anhaltend höhere Kreditkosten besser verkraften und sind gleichzeitig besser für einen Konjunkturrückgang aufgestellt. Sollte das Wachstum schnell nachlassen, dürften die Kreditrisikoaufschläge steigen, entsprechende Zinssenkungen dürften die Gesamtrenditen jedoch stabil halten.
Hochverzinsliche Unternehmensanleihen wären in beiden Szenarien anfälliger, gleichzeitig rechtfertigen die aktuellen Risikoprämien keine größere Allokation.
Aus diesem Grund konzentrieren wir uns auf Unternehmensanleihen mit höheren Ratings und streben optimale Renditen bei reduziertem Exposure auf Marktrisiken an. Wegen höherer Risikoaufschläge sehen wir Potenzial am kurzen Ende der Zinskurve bei Finanzwerten, europäischen Unternehmen und Schwellenländeranleihen mit Investment-Grade-Rating.
Mit unserer Strategie sind wir gut aufgestellt, sollten die Unternehmensanleihenmärkte ihre gute Entwicklung fortsetzen. Im Falle einer Konjunkturabkühlung sollte sich unsere defensive Ausrichtung bewähren und Spielraum für einen Ausbau unseres Unternehmensanleihen-Exposure zu attraktiveren Kursen eröffnen.
Einschätzung:
Strategie:
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Mit einem Team von mehr als 180 Anlagespezialistinnen und -spezialisten verwaltet die Vanguard Fixed Income Group weltweit 1,7 Billionen US-Dollar in aktiven und passiven Fonds.
Das Vanguard Fixed Income Team verwaltet über 449 Milliarden US-Dollar in aktiven Strategien. Mit einem erfahrenen Team von Kreditanalysten, Händlern und Portfoliomanagern verwaltet Vanguard seit mehr als 35 Jahren aktive Anleihefonds.
Unsere Investment Teams werden unterstützt durch das Economic Research Team, das mit mehr als 50 Mitgliedern Wirtschaftsprognosen für Vanguard erstellt, sowie durch das mehr als 85-köpfige Risk Management Team, das in den Anlageprozess integriert ist.
Stand: 31. Dezember 2023.
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Fonds, die in festverzinsliche Wertpapiere investieren, bergen das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Rückzahlungen und einer Beeinträchtigung des Kapitalwerts Ihrer Investition. Außerdem kann das Ertragsniveau schwanken. Änderungen der Zinssätze haben wahrscheinlich Auswirkungen auf den Kapitalwert von festverzinslichen Wertpapieren. Unternehmensanleihen können höhere Erträge abwerfen, bergen aber auch ein höheres Kreditrisiko. Dadurch steigt das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Rückzahlungen und einer Beeinträchtigung des Kapitalwerts Ihrer Investition. Das Ertragsniveau kann schwanken und Änderungen der Zinssätze haben wahrscheinlich Auswirkungen auf den Kapitalwert von Anleihen.
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