„Mehrrenditen von EM-Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen sind aus unserer Sicht nicht länger gegeben.“
Portfoliomanager der Vanguard Fixed Income Group
Im August 2022, in einem schwierigen Jahr für Schwellenländer (EM) und Risikoanlagen insgesamt, haben wir auf das Potenzial von EM-Unternehmensanleihen hingewiesen, auf ihre robusten Fundamentaldaten und attraktiven Bewertungen. Aufgrund größerer Spread-Rückgänge und kürzerer Duration haben sich EM-Unternehmensanleihen im Jahr 2022 besser entwickelt, inzwischen hat sich die Lage jedoch verändert: Mehrrenditen von EM-Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen sind aus unserer Sicht nicht mehr gegeben.
Gesamtrenditen von EM-Staats- und -Unternehmensanleihen
Quelle: Bloomberg; Daten für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 31. März 2025. Für die Berechnung wurden folgende Indizes (in Klammern) verwendet: EM-Staatsanleihen (J.P. Morgan EMBI Global Diversified Index); EM-Unternehmensanleihen (J.P. Morgan CEMBI Global Diversified Index).
Wir gehen davon aus, dass wir vor einem Zeitenwechsel stehen: Das neue wirtschaftliche Umfeld ist geprägt durch schwächeres Wachstum, zu dem neben Zöllen auch andere Unwägbarkeiten beitragen. Gleichzeitig sind EM-Unternehmensanleihen äußerst teuer bewertet. In diesem Artikel zeigen wir die Unterschiede zwischen den beiden Assetklassen auf.
EM-Staatsanleihen zeichnen sich durch eine einzigartige Kombination aus höheren Spreads und höherer Duration aus: Mit einer Umlaufrendite von 7,78% und einer Duration von 6,6 Jahren1 sind sie Unternehmensanleihen in Phasen hoher Volatilität und hoher Risikoaversion überlegen.
EM-Unternehmensanleihen werfen dagegen lediglich 6,77% ab, ihre Duration liegt bei lediglich 4,2 Jahren.2 Der Spielraum für weitere Spread-Rückgänge ist daher begrenzt.
Optionsbereinigte Spreads und Laufzeiten verschiedener Assetklassen
Quelle: Bloomberg; Stand: 19. März 2025. Für die Berechnung wurden folgende Indizes (in Klammern) verwendet: High-Yield-Anleihen USA (ICE BAML US High Yield Index); High-Yield-Anleihen Europa (ICE BAML European High Yield Index); Investment-Grade-Anleihen Europa (Bloomberg Euro Aggregate Corporates Index in EUR); Investment-Grade-Anleihen USA (Bloomberg Global Aggregate Corporates US Dollar Index); EM-Staatsanleihen in Hartwährung (J.P. Morgan EMBI Global Diversified Index); EM-Unternehmensanleihen (J.P. Morgan CEMBI Global Diversified Index).
Als die Zinsen stiegen, zahlte sich die niedrigere Duration von EM-Unternehmensanleihen aus. Inzwischen fällt diese strukturelle Renditequelle jedoch aus, weshalb wir jetzt die höhere Duration von EM-Staatsanleihen bevorzugen.
Die hohe Verschuldung im Privatsektor vor Ausbruch der Finanzkrise war eine erhebliche Schwachstelle im Finanzsystem. Als es an den Märkten zu Verwerfungen kam, griff der öffentliche Sektor – über die Bilanzen der Staaten – ein, um die Wirtschaft durch eine expansive Geldpolitik und weitreichende Rettungsmaßnahmen zu stabilisieren. Die Folge war finanzielle Repression, also künstlich niedrige Zinsen, die die Kosten der Schuldenlast senken und die Privatwirtschaft ankurbeln sollten. Seit 2008 haben Zentralbanken und Regierungen viel getan, um Unternehmensinvestitionen zu fördern und das Wachstum anzukurbeln:
Und tatsächlich haben diese Maßnahmen Wirkung gezeigt: Die Qualität der Unternehmensbilanzen ist in den vergangenen zehn Jahren insgesamt deutlich gestiegen. Wir glauben jedoch, dass das Pendel umschlagen könnte – von robusten Unternehmensbilanzen zu stärkeren Staatsbilanzen.
Seit dem Ende der Pandemie im Jahr 2021 haben sich die Fundamentaldaten der Schwellenländer verbessert, wie unter anderem an den Rating-Veränderungen deutlich wird: Zum ersten Mal seit einer Dekade überstieg die Zahl der Anhebungen die der Abstufungen im Jahr 2024 um das Doppelte.3
Die Bilanzen der Schwellenländer-Unternehmen sind zwar weiterhin robust, der Optimismus dürfte seinen Höhepunkt jedoch erreicht haben. Sektoren wie Energie, Industrie, Automobile und Chemie leiden unter der Konjunkturabkühlung in Europa und Überkapazitäten in China, die den Preisdruck erhöhen.
Verschärft wird die Lage durch die neuen US-Zölle. Die Frage ist, ob Unternehmen die höheren Kosten durch Zölle selbst tragen oder durch Preiserhöhungen an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben.
Aktuelle US-Daten zeigen an, dass das Vertrauen amerikanischer Verbraucherinnen und Verbraucher schwindet. Für die betroffenen Unternehmen könnte es daher schwieriger werden, Zollkosten über höhere Preise auszugleichen. Es drohen sinkende Margen, die auch auf die Bilanzen durchschlagen dürften.
An den EM-Unternehmensanleihemärkten haben die Risikoaufschläge Tiefststände erreicht, die Spreads von EM-Staatsanleihen bewegen sich dagegen nahe am langfristigen Durchschnitt.
Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten in den Spread-Bewegungen ist die Differenz zwischen den beiden Assetklassen in den letzten 15 Jahren gestiegen, sodass Staatsanleihen heute relativ attraktiver bewertet sind.
Spread-Differenz zwischen EM-Staats- und -Unternehmensanleihen
Quelle: Bloomberg; Daten für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. März 2025. Das Diagramm zeigt die Spread-Differenz zwischen Staats- und Unternehmensanleihen aus Schwellenländern in Basispunkten. Für die Berechnung wurden folgende Indizes (in Klammern) verwendet: Unternehmensanleihen Schwellenländer (J.P. Morgan CEMBI Broad Diversified Index); Staatsanleihen Schwellenländer (J.P. Morgan EMBI Broad Diversified Index). Berechnungen in USD.
Staatsanleihen aus Schwellenländern weichen in ihrem Liquiditätsprofil deutlich voneinander ab, sind jedoch insgesamt liquider als EM-Unternehmensanleihen.
Die Zinskurven staatlicher Schwellenländer-Emittenten sind meist gut entwickelt, die Emissionsvolumen an diversen Stellen der Kurve umfangreich: Von einem typischen staatlichen EM-Emittenten sind sechs Anleihen mit einem durchschnittlichen Emissionsvolumen von etwa 1,2 Milliarden US-Dollar im Umlauf, Unternehmen kommen im Durchschnitt auf lediglich zwei Emissionen mit einem durchschnittlichen Volumen von rund 600 Millionen US-Dollar.
Sollte der Markt unter Druck kommen, könnte die Liquidität von Unternehmensanleihen schneller versiegen. In den derzeitigen Bewertungen ist dieses zusätzliche Liquiditätsrisiko aus unserer Sicht nicht vollständig eingepreist.
Sowohl staatliche als auch private Emittenten können in Schieflage geraten, was zu Verlusten und in einigen Fällen zu Ausfällen führen kann. Zwar erwarten wir in keinem der Märkte steigende Ausfallraten, dennoch lohnt sich ein Blick auf die Unterschiede zwischen Ausfällen und Rückgewinnungsquoten von Staats- und Unternehmensanleihen.
Staatliche Ausfälle sind häufig das Ergebnis von jahrelangem wirtschaftlichem Missmanagement, sie verlaufen daher in der Regel langsamer und sind leichter vorhersehbar. Außerdem können Staaten meist multilaterale Hilfe in Anspruch nehmen und haben mehr Zeit, um eine Lösung mit ihren Gläubigern zu finden. Im privaten Sektor dagegen können unternehmensspezifische Risiken wie Betrug oder Governance-Probleme zu plötzlichen Ausfällen führen.
Seit 2008 konnten Anlegerinnen und Anleger mit ausgefallen EM-Staatsanleihen in der Regel höhere Rückgewinnungsquoten (56%) erzielen als mit Unternehmensanleihen (34%), was in erster Linie auf multilaterale Finanzhilfen und standardisiertere Abwicklungsverfahren zurückzuführen ist. Ausfälle im privaten Sektor sind dagegen juristisch komplexer.
Ausfall- und Rückgewinnungsquoten von EM-Staats- und Unternehmensanleihen
Quelle: JP Morgan. Daten zu Ausfall- und Rückgewinnungsquoten von EM-Unternehmensanleihen für den Zeitraum 2008 bis 2024, Daten für EM-Staatsanleihen für den Zeitraum 2008 bis 2023.
Das schwache Wirtschaftswachstum und die teuren Bewertungen von EM-Unternehmensanleihen sprechen aus unserer Sicht für ein diversifiziertes Exposure auf EM-Staatsanleihen, die sich nicht nur durch günstigere Bewertungen und immer bessere Fundamentaldaten, sondern auch durch höhere Liquidität auszeichnen und daher langfristig bessere Erfolgschancen bieten könnten.
1 Quelle: Vanguard und Bloomberg. Rendite und Duration per 31. März 2025.
2 Quelle: Vanguard und Bloomberg. Rendite und Duration per 31. März 2025.
3 Quelle: Vanguard und Bloomberg; Stand: 31. Dezember 2024.
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