Berater:innen sind Entscheidungsarchitekten
Berater:innen müssen ihre Kunden verstehen, ihr Verhalten bestenfalls sogar vorhersehen und dagegen ankämpfen, dass Gefühle ein rationales Verhalten verhindern und Kund:innen deshalb ihre Ziele bei der Geldanlage verfehlen. Die vier Anlageprinzipien von Vanguard – Ziele setzen, ausgewogen anlegen, diszipliniert bleiben und auf geringe Kosten achten – können Kund:innen helfen, auf Kurs zu bleiben.
Ein wichtiges Werkzeug dabei sind außerdem sogenannte „Nudges“, also Anreize im Entscheidungsprozess. Nudges lenken und unterstützen Anleger:innen in wichtigen Entscheidungen, schränken ihre Entscheidungsfreiheit jedoch keineswegs ein. „Manche verwechseln Nudging mit Manipulation“, sagt Daxhammer. „Beim Nudging geht es aber vielmehr darum, Menschen in emotionalen oder schwer einschätzbaren Situationen dabei zu unterstützen, die Ziele zu erreichen, die sie selbst vorher definiert haben.“
Jeder guten Beratungsbeziehung liegt ein langfristiger Plan zugrunde. Das gilt – gemäß der Herangehensweise von Vanguard – nicht nur für die Asset-Allokation, sondern auch dafür, wie die Geldanlage auf bestimmte Lebens- und Marktsituationen reagieren sollte. Nudges sollen Anleger:innen also über Verzerrungen hinweghelfen, um in akuten Situationen entsprechend ihrem Plan zu entscheiden. Berater:innen sind in dieser Situation eine Art Entscheidungsarchitekt.
Impulsive zu überlegten Entscheidungen machen
Ein Thema, bei dem Anleger:innen besonders häufig mit Verzerrungen kämpfen, ist die Altersvorsorge. „Dabei haben sie es zum Beispiel mit einer kurzfristigen Verlustaversion zu tun“, sagt Daxhammer. „Denn auch Sparbeträge auf das eigene Depot werden im Moment als Verlust wahrgenommen.“ Ziele in der weiten Zukunft sind indes abstrakt.
Turbulente Marktphasen, wie Anleger:innen sie gerade heute erleben, aktivieren im Gehirn zudem oft Fluchtinstinkte. Diese haben uns evolutionär schon viel genutzt, etwa wenn wir Gefahren für das eigene Leben ausgesetzt sind. Solche schnellen, instinktiven Entscheidungen werden auch System-1-Entscheidungen genannt. Bei der Geldanlage wäre eine überlegte Entscheidung des sogenannten System 2 meist besser – solche werden im Gehirn ganz anders verarbeitet. Diese erfordern jedoch weit mehr mentale Anstrengung, sodass Menschen allzu oft auf ihren Bauch hören und dabei ihren langfristigen Plänen schaden.
Komplexität reduzieren und Entscheidungen vereinfachen
Sind sich Berater:innen bewusst darüber, wie unterschiedliche Situationen in den Köpfen ihrer Kund:innen verarbeitet werden, können sie auch bessere Anreize setzen. Bei Entscheidungen wie etwa der Wahl eines Anlageprodukts, die mithilfe von System 2 gut überlegt sein sollten, können Berater:innen die Komplexität reduzieren, indem sie eine Vorauswahl an Produkten treffen und die Entscheidung für Kund:innen vereinfachen. So sinkt die mentale Anstrengung, und die Bereitschaft zur überlegten Entscheidung steigt.
Auch die Politik wird sich zunehmend bewusst, wie effektiv Nudges sein können. Bei den anvisierten Neuerungen im Rentensystem könnten auch Entscheidungssituationen entwickelt werden, die es Menschen einfacher machen, besser für den Ruhestand vorzusorgen.
KI hilft Anlegern, sich selbst besser zu kennen
Die spannenden Forschungsprojekte der Neuroökonomie bedeuten jedoch nicht, dass beobachtete Daten nun keine Rolle mehr spielen – im Gegenteil. Denn auch hier bieten sich immer neue Möglichkeiten, bessere Schlüsse zu ziehen und Kund:innen effektiver zu unterstützen. „Daten über die Märkte und das Verhalten von Anlegern haben wir im Überfluss“, sagt Daxhammer. „Relativ neu ist, wie die künstliche Intelligenz uns dabei helfen kann, Strukturen zu erkennen und Schlüsse zu ziehen.“
So gebe es Versuche, aus dem Trading-Verhalten einzelner Anleger:innen herauszulesen, ob eine Verhaltensverzerrung vorliegt, oder ob ein nicht zielführendes Verhalten etwa in bestimmten Marktphasen besonders häufig vorzufinden ist. Auf der Basis ist etwa vorstellbar, dass Berater:innen etwa automatisierte Warnsignale oder Nudges entwickeln.
„Aufgrund des Datenschutzes sind wir von einer ausgereiften KI-Lösung noch weit entfernt“, sagt Daxhammer. „Doch fest steht: Verhaltenscoaching bekommt gerade aus vielen Richtungen Rückenwind.“
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