• Die US-Notenbank hat signalisiert, die Zinssätze länger auf höherem Niveau zu halten. An den Anleihemärkten kam es daraufhin im September zu Volatilitätsausschlägen.
  • Anlegerinnen und Anleger sollten jedoch versuchen, über solche volatilen Phasen hinaus zu denken und sich auf das große Ganze zu konzentrieren, denn die Renditeprognosen für weniger riskante Multi-Asset-Portfolios sind deutlich gestiegen.
  • Um Anlegerinnen und Anleger zu helfen, auch in schwierigen Zeiten Kurs zu halten, erläutern wir hier nochmal die wichtigsten Einflussfaktoren von Anleiherenditen.

 

Die aktuelle Volatilität an den Anleihemärkten, ausgelöst durch Anpassungen in den Zinserwartungen der Märkte, hat das Vertrauen von Anlegerinnen und Anlegern erneut auf die Probe gestellt – insbesondere dann, wenn sie einen hohen Anteil ihres Portfolios in weniger riskante Anleihen investiert hatten. Doch genau diese Erwartung, dass die Zinsen für längere Zeit auf höherem Niveau bleiben werden, ist einer der wichtigsten Gründe, warum Multi-Asset-Anlegerinnen und -Anleger in dieser turbulenten Marktphase nicht nervös werden sollten.

In den USA, im Euroraum und in Großbritannien sind nach den Zentralbanksitzungen und der Veröffentlichung entscheidender Inflationsdaten Ende September die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen gestiegen (und die Kurse gefallen). Vor allem die US-Notenbank (Fed) und die Bank of England (BoE) haben mit ihren Äußerungen signalisiert, dass die Zinsen womöglich nicht so schnell sinken werden, wie die Märkte ursprünglich erwartet hatten.

Für die Renditen von Anleihen sind vor allem Zinserwartungen entscheidend – und wie sich diese Erwartungen verändern. Weil die meisten Beobachterinnen und Beobachter davon ausgehen, dass die Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben oder zumindest kurz davorstehen, und weil die Märkte empfindlich auf Änderungen in den Zinsprognosen reagieren, ist dies ein guter Zeitpunkt, um genauer darauf einzugehen, wie Zinserwartungen die Renditen von Anleihen beeinflussen.

Warum sind die Anleihemärkte so volatil?

Ausgelöst wurden die Volatilitätsausschläge der letzten Wochen durch Äußerungen von Vertretern der US-Notenbank (Fed) und der Bank of England (BoE) nach den Ausschusssitzungen Ende September, die die Märkte überraschten. Zu diesem Zeitpunkt entsprachen erste Zinssenkungen Anfang 2024 der Konsensprognose.

Die Zinserwartungen beeinflussen maßgeblich die Kursentwicklung von Anleihen. Wer versteht, wie die Anleihemärkte auf Leitzinsänderungen reagieren, kann Anlegerinnen und Anlegern helfen, Marktturbulenzen richtig einzuordnen und sich auf langfristige Ergebnisse zu konzentrieren.

"Die Zinsen werden wohl nicht so schnell sinken, wie die Märkte erwartet hatten; aber wenn sie sinken, sollten die Kurse langfristiger Anleihen steigen."

Mohneet Dhir

Multi-Asset Product Manager, Vanguard Europe

Warum Zinsen die Kurse von Anleihen beeinflussen

Grundsätzlich gilt: Die Kurse von Anleihen fallen, wenn die Zinsen steigen, und steigen, wenn die Zinsen fallen. Diese Bewertungsanpassung von Anleihen richtet sich nach der Rendite, die Anlegerinnen und Anleger erhalten würden, wenn sie eine Anleihe bis zu ihrer Fälligkeit halten würden (weshalb man auch von der Rendite bis zur Fälligkeit spricht). Steigen die Zinsen, sinken die Kurse ausstehender Anleihen in der Regel, da Anlegerinnen und Anleger beim Kauf neuerer Anleihen höhere Kuponzahlungen erwarten können. Sinkende Kurse schaffen also einen Anreiz für den Kauf bereits ausstehender Anleihen. Sinken die Zinsen, passiert das Gegenteil.

Am Staatsanleihemarkt können Zinserwartungen sogar größere Kursausschläge verursachen als tatsächliche Zinsänderungen. Gehen die Märkte davon aus, dass die Zentralbanken den Leitzins anheben (oder senken) werden, werden einige Marktteilnehmer ihre Anleihepositionen anpassen, um ihre Rendite zu optimieren. Diese höhere Nachfrage kann die Kurse zusätzlich beeinflussen.

Wenn die Märkte beispielsweise erwarten, dass die Zinsen fallen werden, steigt meist die Nachfrage nach Anleihen mit längeren Laufzeiten, da diese langfristig höhere Renditen abwerfen als Anleihen mit kürzeren Laufzeiten. Rechnen die Märkte dagegen mit steigenden Zinsen, werden kurzfristige Anleihen attraktiver, da diese weniger empfindlich auf Zinsänderungen reagieren.

Diese Zinsempfindlichkeit von Anleihen wird als Duration-Risiko bezeichnet. Die Duration einer Anleihe wird in Jahren angegeben und hängt unter anderem von der Rendite, dem Kupon und der Laufzeit der Anleihe ab. Was genau Duration ist und welche Rolle sie in der beispiellosen Verkaufswelle des letzten Jahres gespielt hat, erläutern wir hier ausführlicher.

Man könnte jetzt denken, die Beziehung zwischen Zinserwartungen und Anleiherenditen sei relativ simpel und einfach in höhere Rendite umzumünzen, doch die Märkte – einschließlich zahlreicher professioneller Anlegerinnen und Anleger – können auch falsch liegen. Wenn sich die Zinsen nicht wie erwartet entwickeln, können taktische Position sogar zu deutlich größeren Verlusten führen als ein Portfolio, das entlang der gesamten Zinskurve diversifiziert ist.

Und selbst wenn sich die Zinsen so entwickeln wie vorhergesagt, bewegt sich die Renditekurve (die die Renditen des gesamten Laufzeitenspektrums abbildet) nicht immer parallel zu den Zinsen. Einzelne Segmente der Zinskurve können stärker reagieren als andere, weshalb konzentrierte Positionen immer mit hohem Risiko verbunden sind – egal an welcher Stelle der Zinskurve.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass Anleihen traditionell ein gutes Gegengewicht zur Volatilität der Aktienmärkte waren;1 Anlegerinnen mit einem Multi-Asset-Portfolio sollten daher sehr sorgfältig abwägen, bevor sie das Risiko-Exposure ihrer Anleihe-Allokation erhöhen.

Kein Grund zur Panik

Die Äußerungen der Vertreter von Fed und BoE im September haben zwar die Erwartungen der Märkte erschüttert, die Zinssenkungen bereits Anfang 2024 eingepreist hatten. Multi-Asset-Anlegerinnen und -Anleger sollten jedoch das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Die aggressiven Zinserhöhungen der großen Zentralbanken in den letzten 18 Monaten haben unsere langfristigen Renditeaussichten für Anleihen – dank höherer zukünftiger Kuponzahlungen – deutlich verbessert.

Die nachstehende Grafik zeigt, wie die höheren Zinsen in wichtigen Volkswirtschaften unsere langfristigen Renditeprognosen für Anlegerinnen und Anleger mit Basiswährung Euro und einem global diversifizierten Anleiheportfolio  zwischen dem 31. Dezember 2021 und dem 30. Juni 2023 beeinflusst haben: Die durchgezogenen grünen und goldenen Linien zeigen den Pfad, der sich aus unserer annualisierten 10-Jahres-Medianrenditeprognose für globale Anleihen Ende 2021 bzw. Mitte 2023 ergibt. Die gestrichelten Linien stellen die Bereiche zwischen dem 10. und dem 90. Perzentil der prognostizierten Verteilungen dar.

Wie die Daten zeigen, sollten Anleiheportfolios trotz der kurzfristigen Kursverluste aufgrund der schnellen Zinserhöhungen in den USA, im Euroraum und in Großbritannien langfristig höhere Gewinne abwerfen.

Langfristig gute Aussichten

Steigende Zinsen bedeuten langfristig höhere Renditen

Ein Liniendiagramm vergleicht den prognostizierten zehnjährigen annualisierten Renditeverlauf globaler Anleihen zum 31. Dezember 2021 und 30. Juni 2023. Die Prognosen für den 30. Juni 2023 gehen von einer niedrigeren Basis aus, die Linie verläuft daher viel steiler als die Linie für das Jahr 2021 und übertrifft die erwarteten Renditen für den Zeitraum per 2021 ab Mitte 2027.

Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für künftige Erträge. Jegliche Prognosen sollten als hypothetischer Natur betrachtet werden und spiegeln keine zukünftigen Ergebnisse wider bzw. garantieren diese nicht.

Quelle: Daten von Refinitiv per 30. September 2023 und Berechnungen von Vanguard in EUR per 30. September 2023.

Hinweise: Die Grafik zeigt die tatsächlichen Renditen des Bloomberg Global Aggregate Bond Index EUR Hedged sowie die von Vanguard prognostizierten kumulativen Renditen über die folgenden 10 Jahre per 31. Dezember 2021 und 30. Juni 2023. Die gestrichelten Linien stellen die Bereiche zwischen dem 10. und dem 90. Perzentil der prognostizierten Verteilungen dar.

WICHTIGER HINWEIS: Die Prognosen sowie andere Informationen, die von dem VCCM generiert werden und die Wahrscheinlichkeit verschiedener Anlageergebnisse zum Gegenstand haben, sind naturgemäß hypothetisch, stellen keine tatsächlichen Anlageergebnisse dar und garantieren keine zukünftigen Erträge. Die Verteilung der Renditeergebnisse des VCMM wird aus 10.000 Simulationen für jede modellierte Assetklasse abgeleitet. Simulationen per 31. Dezember 2021 und 30. Juni 2023. Die Ergebnisse des Modells können mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit variieren.

Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass sich die globalen Anleiherenditen an diese gerade Linie halten – je nach Konjunktur können die erwarteten Renditen in den kommenden zehn Jahren sehr ungleichmäßig verteilt sein.

Für Anlegerinnen und Anleger mit einem Multi-Asset-Portfolio – und insbesondere für diejenigen mit niedriger Risikotoleranz – sind vor allem zwei Dinge wichtig: 1. In den wichtigsten Märkten haben die Zinsen aller Voraussicht nach ihren Höchststand erreicht oder stehen kurz davor. 2. Die langfristigen Renditeprognosen für Anleihen haben sich verbessert. Die Zinssätze werden wohl nicht so schnell sinken, wie die Märkte erwartet hatten; aber wenn sie sinken, sollten die Kurse langfristiger Anleihen steigen.

Ein global diversifiziertes Portfolio ist vor allem deshalb eine kluge Wahl, weil taktische Ausrichtungen schwierig sind. Auch das aktuelle Stadium des Zinszyklus spricht für ein global diversifiziertes Anleihe-Exposure, das auf die langfristigen Ziele und das Risikoprofil einer Kundin oder eines Kunden abgestimmt ist.

 

1 Vanguard-Analyse auf der Grundlage von Bloomberg-Daten. Eine Analyse der jährlichen Gesamtrendite von globalen Aktien und globalen Anleihen für den Zeitraum vom 29. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2022 ergab, dass globale Anleihen in fünf der sechs Jahre, in denen die globalen Aktienmärkte Verluste abwarfen, eine positive Rendite erzielten. Anleihen: Bloomberg Global Aggregate Total Return Index (abgesichert in EUR); Aktien: MSCI AC World Total Return Index (in EUR). Die Wertentwicklung eines Index ist keine exakte Darstellung einer bestimmten Anlage. Anlegerinnen und Anleger können nicht direkt in einen Index investieren. Die Wertentwicklung berücksichtigt daher keine Kosten für eine Anlage in den jeweiligen Index. Die Wertentwicklung wird auf Grundlage der Veränderung im Nettoinventarwert bei Wiederanlage der Bruttoerträge berechnet.

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Wichtige Hinweise zu Anlagerisiken

Der Wert der Investitionen und die daraus resultierenden Erträge können steigen oder fallen, und Investoren können Verluste auf ihrer Investitionen erleiden.

Jegliche Prognosen sollten als hypothetischer Natur betrachtet werden und spiegeln keine zukünftigen Ergebnisse wider bzw. garantieren diese nicht.

Fonds, die in festverzinsliche Wertpapiere investieren, bergen das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Rückzahlungen und einer Beeinträchtigung des Kapitalwerts Ihrer Investition. Außerdem kann das Ertragsniveau schwanken. Änderungen der Zinssätze haben wahrscheinlich Auswirkungen auf den Kapitalwert von festverzinslichen Wertpapieren. Unternehmensanleihen können höhere Erträge abwerfen, bergen aber auch ein höheres Kreditrisiko. Dadurch steigt das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Rückzahlungen und einer Beeinträchtigung des Kapitalwerts Ihrer Investition. Das Ertragsniveau kann schwanken und Änderungen der Zinssätze haben wahrscheinlich Auswirkungen auf den Kapitalwert von Anleihen.

WICHTIGER HINWEIS: Die Prognosen sowie andere Informationen, die von dem Vanguard Capital Markets Model generiert werden und die Wahrscheinlichkeit verschiedener Anlageergebnisse zum Gegenstand haben, sind naturgemäß hypothetisch, stellen keine tatsächlichen Anlageergebnisse dar und garantieren keine zukünftigen Erträge. Die Verteilung der Renditeergebnisse des VCMM wird aus 10.000 Simulationen für jede modellierte Assetklasse abgeleitet. Simulationen per 30. September 2022. Die Ergebnisse des Modells können mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit variieren. Die Prognosen des VCMM basieren auf statistischen Analysen und historischen Daten. Zukünftige Renditen können von den im VCMM erfassten historischen Mustern abweichen. Noch wichtiger ist jedoch, dass das VCMM extrem negative Szenarios unterschätzen kann, die in den historischen Zeiträumen, auf denen die Modellschätzungen beruhen, nicht vorkamen.

Das Vanguard Capital Markets Model® ist ein proprietäres Finanzsimulationstool, das von der Investment Strategy Group von Vanguard entwickelt und gepflegt wird. Das Modell prognostiziert die Verteilung zukünftiger Renditen für zahlreiche Assetklassen. Zu diesen Assetklassen gehören die US-amerikanischen und internationalen Aktienmärkte, US-Treasuries und Unternehmensanleihen mit verschiedenen Laufzeiten, internationale Anleihemärkte, US-Geldmärkte, Rohstoffe sowie bestimmte alternative Anlagestrategien. Die theoretische und empirische Grundlage des Vanguard Capital Markets Model ist die Beziehung zwischen Rendite und Risiko: Die Renditen zahlreicher Assetklassen sind der von Anlegern im Gegenzug für bestimmte Arten von systematischem Risiko (Beta) verlangte Ausgleich. Den Kern des Modells bilden Schätzungen der dynamischen statistischen Beziehung zwischen Risikofaktoren und Vermögensrenditen, die durch statistische Analysen auf der Grundlage verfügbarer monatlicher Finanz- und Wirtschaftsdaten gewonnen werden. Mithilfe eines Systems von Gleichungsschätzungen führt das Modell eine Monte Carlo-Simulation durch, um die geschätzten Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Assetklassen sowie Ungewissheit und Zufälle langfristig zu prognostizieren. Das Modell generiert eine große Anzahl simulierter Ergebnisse für jede Assetklasse über verschiedene Zeiträume. Die Prognosen werden durch Berechnung der Zentraltendenzen in diesen Simulationen gewonnen. Die Ergebnisse des Modells variieren mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit.

Wichtige allgemeine Hinweise

Nur für professionelle Anleger (nach den Kriterien der MiFID II-Richtlinie), die auf eigene Rechnung investieren (einschließlich Verwaltungsgesellschaften (Dachfonds) und professionelle Kunden, die im Namen ihrer diskretionären Kunden investieren). In der Schweiz nur für professionelle Anleger. Nicht für die öffentliche Verbreitung bestimmt.

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