Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Sinkende Inflationsprognosen in den USA erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen noch vor Jahresende.
  • Nach einer ersten Senkung im Vormonat hat die Europäische Zentralbank ihren Leitzins im Juli stabil gehalten.
  • Nach überraschend starkem Wachstum haben wir unsere Jahresprognose für die britische Wirtschaft angehoben.

Die Konjunkturabkühlung in den USA und die bescheidene Erholung in Großbritannien und im Euroraum lassen für die Weltwirtschaft in der zweiten Jahreshälfte moderates Wachstum erwarten. Die hartnäckige Inflation macht Zinssenkungen für die Zentralbanken zu einem schwierigen Balanceakt.

USA

Die US-Konjunktur scheint sich abzukühlen, Produktivitätssteigerungen und wachsendes Arbeitskräfteangebot, die im Jahr 2023 für Wachstum gesorgt haben, lassen allmählich nach.

Vorläufige Zahlen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) Bank of Atlanta zeigen ein Wachstum von 2,5% im zweiten Quartal an, Vanguard Modelle deuten jedoch auf schwächeres Wachstum hin. Für das Gesamtjahr rechnen wir nach wie vor mit einer Wachstumsrate von rund 2%.

Der Anstieg des Verbraucherpreisindex (CPI), einem wichtigen Inflationsindikator, fiel zum zweiten Mal in Folge moderat aus, weshalb die Märkte jetzt mit ersten Zinssenkungen von 0,25% im September rechnen. Die Verbraucherpreise fielen im Juni um 0,1% gegenüber dem Vormonat, im Jahresvergleich lag die Inflation Ende Juni bei 3%.

Die Kerninflation ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise stieg um nur 0,1%, die Gesamtinflation sank um einen Basispunkt.

Die US-Notenbank (Fed) hat das Zielband für den Leitzins im Juni unverändert bei 5,25 bis 5,5% belassen und steht vor einem Balanceakt: Senkt sie die Zinsen zu früh, könnte die Inflation wieder aufflammen, kommen die Zinssenkungen zu spät, nimmt die Wirtschaft Schaden.

Wir gehen davon aus, dass die Fed auf nachhaltig niedrige Inflation oder einen deutlichen Abschwung am Arbeitsmarkt wartet. Sollte sie die Zinsen noch in diesem Jahr senken, rechnen wir nicht mit mehr als einem Viertelprozentpunkt.

Der Arbeitsmarkt sendete im Juni gemischte Signale: Insgesamt hat die US-Wirtschaft 206.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, gleichzeitig stieg die Arbeitslosenquote von 4,0% auf ein 30-Monats-Hoch von 4,1%. Für den Rest des Jahres dürfte sich die Arbeitslosenquote zwischen 3,8 und 4,2% bewegen und zum Jahresende bei rund 4% einpendeln.

Euroraum

Die Wirtschaft der Eurozone hat die fünf Quartale andauernde Stagnation hinter sich gelassen und ist im ersten Quartal um 0,3% gewachsen (ggü. Vorquartal). Für den Rest des Jahres erwarten wir dank steigender Realeinkommen und niedrigerer inflationsbereinigter Kreditkosten moderates Wachstum, für das Gesamtjahr erwarten wir eine Wachstumsrate von 0,8%.

Die Gesamtinflation ist, im Vergleich zum 2. Quartal letzten Jahres, auf 2,5% gesunken (Mai: 2,6%), die Kerninflation verharrte dagegen bei 2,9%. Wegen der unerwartet hohen Dienstleistungsinflation haben wir unsere Prognosen für das Jahresende dennoch von 2,0 auf 2,2% (Gesamtinflation) bzw. von 2,2 auf 2,6% (Kerninflation) angehoben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Zinssatz für die Einlagefazilität am 18. Juli stabil bei 3,75% gehalten. Mit der Senkung um 25 Basispunkte am 6. Juni endete der Zinserhöhungszyklus, der im Juli 2022 begonnen hatte und in dem die Leitzinsen insgesamt um 450 Basispunkte gestiegen sind. Die nächste Zinssenkung erwarten wir im September, anschließend dürfte die EZB die Zinsen vierteljährlich um jeweils einen Viertelprozentpunkt senken, also auf 3,25% bis Ende 2024 und auf 2,25% Ende 2025. Wegen dem Inflationsdruck im Dienstleistungssektor überwiegt jedoch das Risiko, dass die Zinssenkungen hinter unseren Erwartungen zurückbleiben.

Die Arbeitslosenquote lag im Mai auf einem Rekordtief von 6,4% (saisonbereinigt), gegen Jahresende erwarten wir ein ähnliches Niveau. Niedrigere Gewinnmargen in diesem Jahr würden die Risiken für unser Szenario jedoch in Richtung einer höheren Quote verschieben.

Großbritannien

Nach Zahlen des Office for National Statistics hat der Dienstleistungssektor die britische Wirtschaftsleistung im Mai unerwartet deutlich um 0,4% ansteigen lassen. Die Dienstleistungsproduktion, die den größten Beitrag zum monatlichen Anstieg leistete, stieg den zweiten Monat in Folge um 0,3%.

Nach den robusteren Wachstumsraten haben wir unsere Prognosen angepasst: Für das zweite Quartal rechnen wir jetzt mit einem höheren Plus von 0,7% (ggü. Vorquartal), für das Gesamtjahr haben wir unsere Prognose von 0,7 auf 1,2% angehoben. Außerdem gehen wir davon aus, dass die neue Labour-Regierung durch die Haushaltsregeln der vorherigen Regierung eingeschränkt wird und wenig Spielraum für Wachstumsimpulse hat.

Die robuste Dienstleistungskonjunktur spricht dafür, dass Löhne und Inflation stabil bleiben könnten. Die Gesamtinflation lag, im Vergleich zum 2. Quartal letzten Jahres, wie schon im Vormonat, auf der Zielmarke der Bank of England (BoE) von 2,0%, die Dienstleistungsinflation lag jedoch im gleichen Zeitraum mit 5,7% weiterhin auf hohem Niveau. Das Lohnwachstum in der Privatwirtschaft (ohne Prämien) hat nachgelassen, bleibt aber mit 5,6% (im Zeitraum März bis Mai) hoch. Das letzte Mal, dass es diesen Wert unterschritten hat, war im Zeitraum April bis Juni 2022.

Die Arbeitslosenquote lag im Zeitraum März bis Mai unverändert bei 4,4%. Der Arbeitsmarkt gibt weiter nach, der Abwärtstrend bei Beschäftigung und offenen Stellen hält an. Wir gehen davon aus, dass sich die Arbeitslosenquote zum Jahresende bei 4 bis 4,5% einpendeln wird, nach dem letzten Anstieg überwiegt dabei das Risiko einer höheren Quote.

Im Juni hat die BoE den Leitzins stabil bei 5,25% gehalten, das Sitzungsprotokoll lässt jedoch darauf schließen, dass die meisten Voraussetzungen für eine Zinssenkung anlässlich der nächsten Sitzung gegeben sind, deren Ergebnisse am 1. August veröffentlicht werden sollen. Wir gehen davon aus, dass die Zinsen ab August vierteljährlich um jeweils einen Viertelpunkt gesenkt werden; Ende 2024 dürften die Leitzinsen demnach bei 4,75% und Ende 2025 bei 3,75% liegen.

Der Aufschwung der letzten Monate stellt jedoch ein Risiko für eine Zinssenkung im August dar, auch die Zahl der Zinssenkungen bis Jahresende ist fraglich. Der geldpolitische Kurs der Fed, die sich außerstande sehen könnte, die Zinsen vor Jahresende zu senken, könnte die BoE zusätzlich unter Druck setzen.

China

Im Juli veröffentlichte Konjunkturdaten zeigen einen Abschwung im zweiten Quartal an, während die chinesische Führung zu ihrer alle fünf Jahre stattfindenden dritten Plenartagung zusammenkam.

Die chinesische Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal um 4,7% (ggü. Vorquartal) und, im Vergleich zum 2. Quartal letzten Jahres, um 0,7% gewachsen, was unseren (vom Konsens abweichenden) Prognosen entsprach. Für das Gesamtjahr strebt die Regierung ein Wachstum von „rund 5%“ an. Wir rechnen weiterhin mit einer Jahreswachstumsrate von 5,1%, auch wenn das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage die Nachhaltigkeit dieses Wachstums infrage stellen könnte.

Die Inflation (gemessen an den Verbraucherpreisen) ist, im Vergleich zum 2. Quartal letzten Jahres, um 0,2% und damit weniger stark als im Mai und April (jeweils 0,3%) gestiegen. Für das Gesamtjahr rechnen wir mit einer Gesamt- und Kerninflation von rund 1,0 bzw. 0,8%, was deutlich unter dem Inflationsziel der People‘s Bank of China von 3% läge.

Die Arbeitslosenquote lag im Juni unverändert bei 5,0%. Das strukturelle Missverhältnis zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot ist aus unserer Sicht insbesondere bei den jüngsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in naher Zukunft nicht leicht zu beheben und erfordert unter Umständen weitere Unterstützung durch die Regierung.

Der Schwerpunkt der 3. Plenartagung wird auf strukturellen wirtschaftlichen Veränderungen liegen. Zwar führten frühere Tagungen in manchen Fällen durchaus zu historisch bedeutsamen Ankündigungen, das diesjährige Plenum dürfte jedoch vor allem die bestehenden politischen Überlegungen der Agenda konsolidieren. Dennoch hat es durchaus das Potenzial, Signale für die Förderung langfristiger Wachstumsfaktoren und die Bewältigung von Problemen zu setzen.

Diese Angaben entsprechen der internen Einschätzung des Global Economics and Markets Team der Vanguard Investment Strategy Group (ISG) per 17. Juli 2024.

Renditeausblick

Nach der letzten Auswertung des Vanguard Capital Markets Model® (VCMM) haben wir unseren 10-Jahres-Ausblick für wichtige Märkte mit Daten per 31. May 2024 aktualisiert.

In den kommenden zehn Jahren erwarten wir die nachstehenden Nominalrenditen (jeweils in Landeswährung der Anlegerinnen und Anleger in den entsprechenden Wirtschaftsräumen).1


1 Die Zahlen beruhen auf einer Bereichsleiste mit einer Genauigkeit von zwei Punkten für Aktien bzw. einem Punkt für Anleihen (jeweils um das 50. Perzentil). Die Zahlen in Klammern geben die Median-Volatilität an.

 

WICHTIGER HINWEIS: Die Prognosen sowie andere Informationen, die von dem Vanguard Capital Markets Model® generiert werden und die Wahrscheinlichkeit verschiedener Anlagerergebnisse zum Gegenstand haben, sind naturgemäß hypothetisch, stellen keine tatsächlichen Anlagerergebnisse dar und garantieren keine zukünftigen Erträge. Die Ergebnisse des Modells werden mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit variieren. Die Prognosen des VCMM basieren auf statistischen Analysen und historischen Daten. Zukünftige Renditen können von den im VCMM erfassten historischen Mustern abweichen. Noch wichtiger ist jedoch, dass das VCMM extrem negative Szenarios unterschätzen kann, die in den historischen Zeiträumen, auf denen die Modellschätzungen beruhen, nicht vorkamen.

Das Vanguard Capital Markets Model® ist ein firmeneigenes Finanz-Simulationsinstrument. Es wurde von den primären Investment-Research- und Beratungsteams von Vanguard entwickelt und wird von diesen gewartet. Das Modell prognostiziert die Verteilung zukünftiger Renditen für zahlreiche Assetklassen. Zu diesen Assetklassen gehören die US-amerikanischen und internationalen Aktienmärkte, US-Treasuries und Unternehmensanleihen mit verschiedenen Laufzeiten, internationale Anleihemärkte, US-Geldmärkte, Rohstoffe sowie bestimmte alternative Anlagestrategien. Die theoretische und empirische Grundlage des Vanguard Capital Markets Model ist die Beziehung zwischen Rendite und Risiko: Die Renditen zahlreicher Assetklassen sind der von Anlegern im Gegenzug für bestimmte Arten von systematischem Risiko (Beta) verlangte Ausgleich. Das Modell beruht im Kern auf Schätzungen der dynamischen statistischen Beziehung zwischen Risikofaktoren und Asset-Renditen. Diese erhalten wir durch statistische Analyse monatlicher Finanz- und Wirtschaftsdaten, die bis in das Jahr 1960 zurückreichen. Mithilfe eines Systems von Gleichungsschätzungen führt das Modell eine Monte Carlo-Simulation durch, um die geschätzten Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Assetklassen sowie Ungewissheit und Zufälle langfristig zu prognostizieren. Das Modell generiert eine große Anzahl simulierter Ergebnisse für jede Assetklasse über verschiedene Zeiträume. Die Prognosen werden durch Berechnung der Zentraltendenzen in diesen Simulationen gewonnen. Die Ergebnisse des Modells variieren mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit.

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